"Der zeichnet wie ich!"
Ich rief den Satz beinahe.
Die meisten Bilder hingen zu hoch, als dass sich mir ihr Inhalt hätte erschließen können. Die Ausstellung war langweilig, doch die Zeichnung eines Pferdes fesselte mich. Ein Strich. Klar, einfach, verständlich.
Der Vergleich meiner damaligen "Künste" mit denen Picassos möge mir verziehen werden, schließlich war ich damals nicht älter als fünf. Und obgleich meine Mutter mir erklärte, dass die Besonderheit der Skizze eben jene war, dass sich der erwachsene Künstler über die Formengebung der Natur und die Wahrnehmung der Augen hinweggesetzt hatte und dass es zu jener Zeit mutig gewesen war zu zeichnen was man wahrnahm, statt zu zeichnen was man sah, erschließt sich mir die Essenz des Moments erst heute. Ich hatte die Barriere, die der White Cube zwischen Betrachtern und Objekten entstehen lässt, überwunden, weil sie für mich in diesem Alter nicht existierte. Damals sagte meine Mutter auch, dass jeder Mensch Kunst schaffen könne, dass dies den meisten jedoch nicht bewusst wäre oder dass ihnen das Recht zu (er-)schaffen abgesprochen worden war.
Die Geschwindigkeit der Welt, in der ich lebe, verstört mich. Als ich begriff, dass sich die Natur der Schnelllebigkeit nicht angepasst hat, nahm ich mir dieses Recht auch für mein Leben heraus. Allem, was existiert, steht Zeit zu. Alles, was zuvor nicht existierte und nun ist, beanspruchte Zeit für sich und kann ohne sie nicht existieren.
Der derzeit in den Menschen vorherrschende Wunsch unberührt vom Vergehen der Zeit zu existieren entsteht meiner Meinung nach aus der Furcht vor Vergänglichkeit. Das Äußere verkommt zum Stillleben, das zu Schaffende soll im Moment, da es begonnen wurde, bereits vollendet worden sein.
Mit meinen Arbeiten möchte ich den Prozess würdigen, ohne den nichts zu sein im Stande wäre. Jedes meiner Bilder ist eine Momentaufnahme der Balance von Zeit und Existenz.